Rückblick: Hengste verzaubern Bern
Hengstpräsentation spiegelt Vielseitigkeit der Sportzucht wider
Die Schweizer Pferdezucht hatte es in den letzten Jahren nicht leicht. Die Geburtenzahlen sind rückläufig und die Haltungskosten der Aufzucht steigend. Günstigere Angebote aus dem Ausland sind verlockend. Doch es gibt Hoffnung. Das Interesse an der Zucht ist nach wie vor gross. Beweis dafür lieferte die Veranstaltung «Hengste in Bern».
Zum 18. Mal in Folge wurde in der historischen Reithalle des Nationalen Pferdezentrum in Bern ein Fest der Pferdezucht gefeiert. 27 Hengste aus den Sparten Springen, Dressur, Military und Fahren präsentierten sich vor einer beeindruckenden Zuschauermenge. Was Murielle Lauper, Leiterin der Reproduktionsstation hier gemeinsam mit ihrem Team auf die Beine gestellt hat, ist beachtlich. Der Fachtierärztin für Pferde ist neben der spektakulären Show jedoch auch der konstruktive Austausch wichtig.
Vom Fohlen zur Remonte
Nach einem ausgiebigen Züchterfrühstück wurden die Gäste zu einer Vortragsreihe «Vom Fohlen zur Remonte – die Bedeutung der Aufzucht”» eingeladen. Bei ihrem Fachvortrag brachte Lauper medizinische Probleme zur Sprache. Als besonders heikle Phase beschreibt sie dabei den Zeitpunkt des Absetzens, der immer ein einschneidendes Erlebnis im jungen Leben eines Fohlens darstellt. Ausserdem bergen Verwurmung, Husten und Nasenausfluss, sowie orthopädische Fehlstellungen ein Risiko. «Eine enge und auch stetige Betreuung und Zusammenarbeit mit einem Hufschmied und einem Tierarzt ist unentbehrlich. Durch eine gewisse Kontinuität lassen sich viele Probleme im Keim ersticken», rät Lauper. Ethologin Dr. Iris Bachmann vom Schweizer Nationalgestüt in Avenches gab in ihrem Referat zu den «Ethologischen Grundsätzen in der Fohlenaufzucht» einige Denkanstösse. In der heutigen Praxis ist das Absetzen ein abrupter, plötzlicher Vorgang, wonach meist ein Stallwechsel und eine Integration in eine gleichaltrige Gruppe folgt. «Würden Sie ihr Kind zu 20 Gleichaltrigen in eine Gruppe geben, ohne, dass dort ein Kindergärtner ist?», fragt Bachmann das Publikum. Wenngleich ihre Frage natürlich etwas überspitzt war, trifft sie doch einen wichtigen Punkt: «Wäre es beispielsweise nicht möglich Alters- und Aufzuchtweiden zu kombinieren?»
Hochkarätiges Showprogramm
Bei der nachfolgenden Hengstpräsentation waren die Ränge voll. Unter den Kommentaren von dem bekannten deutschen Auktionator Volker Raulf und Léa Wertheimer, die in französischer Sprache das Publikum unterhielt, zeigten die Reiter die Qualität ihrer Hengste. Erstklassige und hochplatzierte Springpferde führten die Hengststation Bachl und das Gestüt Grenzland aus Deutschland vor. Die Warmblüter Cerano von Worrenberg und Ouessant de Perhet wurden von den Jungzüchtern an der Hand vorgestellt. Neben Quendal und Cachacco Blue zeigten unter anderem auch Freiberger aus der Zucht von Heinz Mägli ihr Geschick am Sprung. In Begleitung von drei seiner Nachkommen erschien der Hengst GB Casper N. Während Camira S und Corona H ebenfalls ihre Springqualität zeigten, wurde Coronado S gefahren. Vor dem Wagen überzeugten ausserdem Calvin, im Besitz von Cedric Scherrer, sowie der Freibergerhengst Nathan aus dem Schweizer Nationalgestüt, der auch in der Saison 2020 wieder am Nationalen Pferdezentrum den Züchtern zur Verfügung stehen wird. Auch zwei Ponyhengste wurden den zahlreichen Besuchern vorgestellt. Während der erst vierjährige Coeur de l’Amour sein Können am Sprung bewies, zeigte sich der Rappschecke Mellimara Skettino dressurbetont. Eine rasante Showeinlage boten die WM-Fahrer Dominic Falk, Cédric und Yannick Scherrer mit ihren Ponygespannen. Das nachfolgende Programm der Hengstpräsentation gestaltete sich zwar etwas ruhiger, aber keinesfalls weniger spektakulär. Mit Meilenstein und Flashback aus dem deutschen Betrieb Schleier betraten zwei Garanten des Dressursportes das Berner Viereck. Aber auch die Schweizer Züchter zeigten ihre Dressursportler im besten Licht. Bretton Leaf von Walter Kunz, Daddy’s Best von Heinz Mägli, sowie Sir Picasso von Charlotte Vogel waren nur einige der vorgestellten Tänzer. Unter dem Lernenden Simon Rossier präsentierte das NPZ Bern seinen Stationshengst Upgrade, welche im Besitz des Gestüts de Wiemselbach ist. Ein krönender Abschluss war die Vorstellung des im Militarysport erfolgreichen Cestuy la de l’Esques von Andreas Gygax. Unter seiner Reiterin Vanessa Bölting flog er nahezu über die festen Hindernisse. Beim abschliessenden Apéro fiel das Fazit der Veranstaltung durchweg positiv aus. «Ich freue mich sehr, dass unsere Leiterin der Reproduktionsstation, Murielle Lauper, dieses Event mit so viel Herzblut vorantreibt. Hengste in Bern ist jedes Jahr aufs Neue ein Erlebnis der Extraklasse», schlussfolgerte Betriebsleiterin Salome Wägeli.